Bei Malerarbeiten wurden im Jahre 1991 am Balkenfachwerk des 1585 erbauten "Alten Rathauses" teilweise butterweiche Stellen festgestellt. Die Verrohrung des Auarmes in den 50er Jahren hatte der unteren Tragbalkenkonstruktion den nötigen Feuchtigkeitsaustausch genommen. Ebenso hatte der Schwerlastverkehr dazu beigetragen, dass das betagte Gebäude einzustürzen drohte. Um das Gebäude zu retten, mussten nach ersten Kostenschätzungen 1,8 Mio. DM aufgebracht werden. Eine einmalige Rettungsaktion Wilsteraner Bürger, der Stadt, des Kreises, des Bundes und des Landes Schleswig-Holstein halfen dem Wahrzeichen Wilsters und einem der schönsten Renaissancebauten Norddeutschlands wieder auf die Beine. 1996 ist die Außen- und Innensanierung weitgehend abgeschlossen. Das Gebäude wird wieder genutzt.
Dabei hatte das Feststellen der Schäden ganz harmlos begonnen. Maler, die Fenster an der Giebelfront streichen wollten, bekamen ihr Gerüst nicht im Balkenfachwerk verankert. Das Holz sah von außen gesund aus, wies aber im Innern butterweiche Stellen auf. Genauere Nachforschungen brachten dann das ganze Ausmaß der Schäden zutage. Große Teile der tragenden Holzkonstruktion waren von Fäulnis heimgesucht. Besonders den Keller hatte es hart getroffen. Die Erdmassen am Westgiebel, die als Auffahrt über den verrohrten Auarm zur Straße "Op de Göten" aufgeschüttet worden waren, hatten die notwendige Belüftung verhindert.
Um das als Museum genutzte Gebäude vor dem drohenden Einsturz zu sichern, werden zunächst provisorische Stützbalken eingezogen und der öffentliche Zugang zu den Obergeschossen, wo sich die schönsten Räume und die bedeutende Doos'sche Bibliothek befinden, gesperrt. Schnell wird das Ziel formuliert, das Alte Rathaus mit einer Grundsanierung zu retten. Da die Stadt die Kosten nicht allein tragen kann, werden alle verfügbaren Hebel in Bewegung gesetzt. Auch Wilsteraner Bürger kümmern sich rührig um ihr Wahrzeichen. Eine Spendenaktian wird ins Leben gerufen, die bundesweit Beachtung findet und 1993 sogar Fernsehkamerateams von RTL und vom NDR in die Marschenstadt führt. Bis Dezember 1993 werden auf diese Weise immerhin 27.650 DM gesammelt. Für ihren unermüdlichen Einsatz werden später in einer feierlichen Ratssitzung der Itzehoer Journalist Robert Hirse und der Hilfsaktionsprofi Hans Stellmacher von Bürgervorsteher Helmut Jacobs, der selbst keine Gelegenheit ausgelassen hatte, um durch seine in Wilster fast schon legendären Auftritte als Leierorgelspieler Spenden zu sammeln, geehrt Auch wenn die Summe nicht viel mehr als "einen Tropfen auf den heißen Stein" darstellt, beeindruckt das Engagement der Bürger derart, dass die öffentliche Hand weitere finanzielle Mittel bereitstellt. Bereits 1996 kann die Außensanierung abgeschlossen werden. Bis das Alte Rathaus auch innen wieder in altem Glanz erstrahlt, vergehen weitere 2 Jahre. Versuche, das Alte Rathaus seitdem mit neuen Angeboten intensiver zu nutzen, sind nur bedingt erfolgreich. Vielleicht bedarf es einer neuerlichen Initiative seitens der Bürger.
Leider bereitet das Gebäude auch im Jubiläumsjahr wieder Sorge. Tragende Deckenbalken des Obergeschosses müssen ersetzt und vermutlich muss die Doos'sche Bibliothek während der Sanierungsarbeiten ausgelagert werden.
Quelle; Spiegelbilder einer alten Stadt - Wilster 725 Jahre (Robert Friedrichs und Helmut Jacobs)