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Gehört zum Eröffnungszeremoniell wie Einläuten und Luftballons: Marktmeister Lars Bleker reicht Bürgermeister Walter Schulz einen Humpen mit Hamburger Bier. Foto Mehmel

Helmut Jacobs Wilster Die alte Tradition, den Wilster-Jahrmarkt mit Hamburger Bier einzuläuten, ließ der frühere Klever Gastwirt Werner Hell wieder aufleben. Er überreichte 1964 dem Bürgermeister das Hamburger Bier in einem alten Zinnkrug mit den Worten: „Herr Bürgermeister, im Namen der Bevölkerung und der Gastronomie von Stadt und Land möchte ich Ihnen für Ihre Großzügigkeit danken, indem Sie uns für die fünf Jahrmarktstage das berühmte Hamburger Bier genehmigt haben. Ich möchte Sie bitten, aus dem von mir kredenzten alten Krug den ersten Schluck zu trinken, um hiermit zu dokumentieren, dass ab sofort das Hamburger Bier freigegeben ist. Möge uns der so wunderbare Wilster Jahrmarkt in unserer so geliebten Marschenstadt noch recht lange erhalten bleiben. Möge Gott Ihnen und Ihren Mitarbeitern ein langes Leben bei bester Gesundheit zum Wohle der Stadt und seiner Bevölkerung geben.“

Im Alten Rathaus ist seit 1588 in der Kämmereistube die alte Bursprak aufgeschrieben. Es war das Gesetz der Stadt Wilster, nach der sich alle Bürgerinnen und Bürger zu richten hatten. In der Bursprak ist unter anderem festgelegt, dass während der Jahrmarktstage Hamburger Bier von jedem Wirt ausgeschenkt werden durfte. Außerhalb der Marktzeit war dieses nur den Pächtern der drei Hamburger Bierschenken erlaubt.

Um 1600 lag die Bevölkerung Wilsters bei 1500 bis 1700 Einwohnern. Es gab 50 Bierbrauereien, eine Weinstube und drei Hamburger Bierschenken. Das Bier war nicht nur zum Trinken da, sondern wurde in Form von Biersuppe als Nahrungsmittel genutzt.

Was hat es mit dem Hamburger Bier auf sich? Während im Mittelalter Wein als prestigeträchtiges Getränk galt, war Bier in vielen Gegenden Europas Volksgetränk. Zum Brauen wurden alle vorhandenen Getreidearten verwendet und das Bier wurde mit unterschiedlichen Kräutermischungen hergestellt. Im 12. Jahrhundert wurde Hopfen hinzugesetzt, um das Bier haltbarer und exportfähig zu machen. Es gab in der Zeit auch viele bierbrauende Mönche. Die Ordensbrüder arbeiteten kontinuierlich daran, den Geschmack des Bieres zu verbessern und sie wollten ein besonders nahrhaftes Bier herstellen.

Das war ihnen wichtig, um die harten Einschränkungen der kargen Fastenzeit umgehen zu können, denn „was flüssig ist, bricht kein Fasten“, lautete die Regel. Viele Klöster wurden durch ihre Braukunst wohlhabend und berühmt.

Die 1358 im Hansebund zusammengeschlossenen Städte erlebten einen Aufschwung in Sachen Bier. Hamburg war lange Zeit mit rund 600 Brauereinen „das Brauhaus der Hanse“. Das Hamburger Bier, das nach einem Geheimrezept unter Hinzugabe von Hopfen hergestellt wurde, war besonders schmackhaft. Etwa die Hälfte der Produktion wurde exportiert.

In Wilster wurde allerdings auch viel Bier gebraut. Ein großer Teil der Bevölkerung lebte davon. Das Brauen und der Verkauf waren an bestimmten Privilegien gebunden. Mit einer strengen Reglementierung wollten die Obrigkeiten einerseits den Brauberechtigten das Einkommen sichern und andererseits dafür sorgen, dass kein fremdes Bier getrunken wurde, für das man keine Steuern bezahlen musste. Die Biersteuer war für die Stadt eine wichtige Einnahmequelle. Auf dieses Geld wollte die Stadt nie gern verzichten.

Im Stadtarchiv ist nachzulesen, dass 1644 die Wirtin Elsabe Hasse angeklagt war, unerlaubt Hamburger Bier ausgeschenkt zu haben. Sie schwört einen „Eydt“, dass sie seit dem Michaelis-Markt kein Hamburger Bier „ausgezapfet habe, so wahr ihr Gott helfe“.

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