Die Fenster im Alten Rathaus müssen neu gestrichen werden. Dafür wurde die Vorderseite eingerüstet.
Die Fenster im Alten Rathaus müssen neu gestrichen werden. Dafür wurde die Vorderseite eingerüstet.
In der früheren Kämmereistube im 1. Stock konnte der Stadtkämmerer das Treiben in der Markthalle durch ein kleines Fenster überblicken. An den Wänden ist die „Burspraak von 1587“ (Bur = Bauer oder Bürger) verfasst. In den Statuten war vermerkt, was der Wilsteraner Bürger beachten musste. Anderenfalls verlor er „Lief“ und „Gudt“ (Leben und Gut). Weil damals nicht jeder Bürger lesen konnte, wurden die Statuten in gewissen Zeitabständen vor dem Rathaus öffentlich verkündet.
Übersetzung aus dem Niederdeutschen
Statut der Stadt Wilster vom 12. Februar Anno 1587
Zum Ersten
Gebietet der Ehrbare Rat, daß niemand gegen und wider die Buersprake streben noch dagegen reden soll, und sofern jemand dagegen täte, der soll verloren haben Leib und Gut, es sei denn, daß die Bürger solch erhebliche, fortbestehende und rechtmäßige Gründe (Ursache) dagegen einzuwenden hätten oder jenen Dingen zweifelten, so soll es Ihnen freistehen, sich dazu zu befragen und durch zwei oder vier Bürger dem Rat zu erkennen geben, dann wird das der Rat derart mitteilen, auf daß es der Stadt zum Besten gereichen möge.
Zum Anderen
Gebietet der Ehrbare Rat, dass alle Bürger dem Rat in allen billigen Dingen sollen Gehorsam leisten, bei Verlust des Leibes und des Gutes, auch soll kein Bürger oder jemand hier (Einwohner ohne Bürgerrecht) gegen den Rat oder einen aus seiner Mitte sich auf keine Weise auflehnen noch mit ungebührlichen Worten ihnen begegnen noch (sich) an ihnen vergreifen, alles bei höchster Pöne (=Strafe), jedoch mit dem Zusatz (Anhang) und Vorbehalt, falls etwa ein Bürger mit einem aus seiner Mitte etwas zu besprechen oder zu beklagen hätte, so soll man es mit guter Kenntnis und Zurückhaltung (Bescheidenheit) und mit Recht tun.
Zum Dritten
Gebietet der Ehrbare Rat, daß niemand soll übel sprechen von Frauen oder Jungfrauen noch von den Priestern und geistlichen Personen und anderen ehrlichen Leuten, die in ehrlichem Ansehen und Amt sind, wovon ihnen Schaden begegnen und widerfahren möge (=könnte).
Zum Vierten
Derweil leider – bessere es Gott! – allhier binnen der Wilster (innerhalb Wilsters) in dieser Zeit viele Morde (Totschläge) geschehen, und noch desgleichen viel Übermut und Mutwillen geschieht, so ist es Anno 51 den 27. September von der ganzen Bürgerschaft beliebet, bewilligt und angenommen (=als Gesetz beschlossen), daß, welcher Bürger oder Einwohner allhier zu Wilster, es sei bei Tag oder Nacht, Gäste in seinem Hause sitzen habe, bei denen starker Streit und Uneinigkeit aufkommt (sich erregt), so soll derselbige schuldig und verpflichtet sein, ihnen in Gottes Namen Friede zu gebieten zum ersten, zum anderen und letztlich zum dritten Mal, bei Verlust seines Halses und wenn dann der Wirt bei ihnen nichts bewirken und ausrichten kann, so soll er es seinen anderen anwesenden (umsetzenden) Gästen oder seinen Bediensteten zu bedenken geben, und es soll auch derjenige, der wider solch gebotenen Frieden gehandelt (hat), seinen Hals verwirkt (verbrochen) haben. Es soll aber der Wirt, wofern kein Friede erfolgt, hierneben schuldig sein, ein Joduth Gerüchte zu machen, alles bei Verlust von 60 Mark Lüb., und sobald solches geschehen und das Joduth Gerüchte gemacht worden ist, sollen seine Nachbarn, die solch Geschrei hören, auch verpflichtet sein, den Gewalttäter oder (Gesetzes)übertreter gefänglich anzunehmen (festzunehmen). So nun (aber) irgendein Bürger bei solchem Joduth-Gerüchte ihnen nicht wollte beständig sein und den mutwilligen Übertreter oder Friedensbrecher nicht wollte helfen gefangen zu nehmen, der soll für meineidig gehalten werden und 60 Mark verbrochen haben (als Strafe schuldig geworden sein). Begebe es sich aber, daß auf der Straße etwa Streit oder Uneinigkeit sich regt, so sollen die Nächsten des Ortes (die, die dabei stehen), es sei ein Ratsmitglied oder sonst ein ehrlicher Mann und Bürger, ermächtigt sein, demjenigen – so wie vorstehend vorgeschrieben (wie oben gemeldet) - , - bei ihrem Halse – drei Mal Friede zu gebieten, und so jemand dagegen täte, (der) soll seinen Hals verbrochen haben. Es soll auch derselbe Bürger, der solches sehen würde, den Übertreter de Friedens oder Gewalttäter festnehmen, bei Strafe des Meineides und 60 Mark Lüb. und lat sick ein jeder an Recht genügen. Es gebietet auch ein Ehrbarer Rat, daß niemand hier drinnen (also in Wilster) ein gespanntes und geladenes Feuer-Rohr (Gewehr) bei sich tragen soll, weder heimlich noch offen, dazu soll auch keiner ein Feuer-Rohr hier drinnen losschießen, bei höchster Strafe, es sei denn Sache, daß jemand seiner Geschäfte und (seines) Gewerbes halber wolle aus der Stadt verreisen oder in die Stadt gegangen kommt, der soll es offen erkennbar ungeladen und umgespannt bei sich tragen, sonst, da jemand anders befunden würde, aus der Trotz und Frevel ohne Grund (Uhrsache) (um) einen anderen zu verletzen (beschädigen) jenes Rohr bei sich trüge und hier drinnen losschießen würde, der soll als ein Friedensbrecher und Übertreter angesehen (angenommen) werden und seinen Hals verwirkt haben, (gleichgültig, ob er) sei ein Binnen-Mann oder ein Buten-Mann, wente ein jeder late sick an Rechte genögen.
Zum Fünften
Gebietet ein Ehrbarer Rat ernstlich, daß ein Bürger oder Einwohner zum Anderen mit Wehr oder Waffen weder bei Tag noch bei Nacht nicht verfolgen soll, oder jemanden auflauern, bei Verlust des Leibes und des Gutes.
Zum Sechsten
Gebietet ein Ehrbarer Rat, daß niemand soll einen anderen stoßen noch schlagen auf eines Anderen Haus, dazu soll auch niemand den Anderen um Sirenen Hueß ropen noch anfallen, weder bei Tag noch bei Nacht, und wer solches tun würde, denselben will ein Ehrbarer Rat dermaßen bestrafen, daß ein Dritter (Anderer) dabei sich bedenken soll.
Zum Siebenten
So auch jemand zur nachtschlafender Zeit dem Bürger sein Gut von seinem Hause nehmen und verdürbe, oder auch das Wasser, das vor die Häuser zu setzen befohlen wurde, umstoßen würde, derjenige, der dabei erwischt (darüber befunden) wird oder dessen überführt wird, soll mit der höchsten Wedde (=Geldstrafe) belegt werden.
Zum Achten
Gebietet ein Ehrbarer Rat ganz ernstlich, daß jedermann darauf achte (wohl zusehe), wen er beherbergt oder was für Leute er zu sich in sein Haus nimmt, damit der Wirt nicht für den Gast hafte (des Gastes nicht entgelte). Und nachdem eine Zeitangabe vorher allerlei fremdes Volk in diese Stadt zugelaufen (ist), durch welche den Bürgern und Einwohnern oftmals viel Böses begegnet und widerfährt, so gebietet ein Ehrbarer Rat, daß man niemanden hier binnen hegen, (ihm) vorübergehenden Aufenthalt gewähren (upholden) noch in sein Haus oder Nebengebäude aufnehmen soll ehe und bevor man ausreichende Erlaubnis eines Ehrbaren Rats hat, alles bei Strafe von 3 Mark Silbers. Es gebietet auch ein Ehrbarer Rat hierneben ganz ernstlich, daß man niemanden zu Nachtzeiten sein (Hab und) Gut aus der Stadt fahren soll, welcher nicht rechtens oder redlicherweise aus dieser Stadt, ohne eines Ehrbaren Rats Wissen oder Willen, scheiden will, bei Verlust des Leibes und des Gutes, sondern es soll Jedermann, dem es fernerhin allhier nicht gefällt oder der hier kein Fortkommen sieht (dessen Gelegenheit hier nicht sein will), (nur) mit Consens eines Ehrbaren Rats von hier scheiden.
Zum Neunten
Gebietet ein Ehrbarer Rat, daß jedermann achte (wohl zusehe) auf Feuer und Licht, bei Verlust (des) Leibes und (des) Guts; und es soll auch kein Bäcker oder Brauer das Feuer eher (unter bieten =) als im Sommer bei zwei Schlägen (der Uhr) und im Winter bei drei Schlägen; dazu soll auch niemand seinen Hanf oder Flachs bearbeiten ehe es Tag wird, bei Strafe (von) 60 Schilling. Es sollen auch die (Nacht-)Wächter des Nachts vor Michaelis (29. September) zwei Mal und nach Michaelis drei mal jede Nacht herumgehen; und welcher Bürger oder Einwohner seinen Feuer-Haken, Eimer, Leuchte und Feuer-Stülpe (topfähnliches Gerät zum Abdecken des Feuers) nicht hat, wenn ein Ehrbarer Rat die Feuer-Schauung vornimmt, der soll daß verbrochen haben (=Strafe schuldig geworden sein).
Zum Zehnten
Ist auch einstimmig beschlossen, daß alle neuen Häuser und andere Gebäude, desgleichen alte, so (sie) vorher mit Reet gedeckt (waren), sobald dieses vollständig abgenommen worden ist, fürderhin mit Lehm-Dach sollen gedeckt oder auch mit Pfannen behängt werden, wer hiergegen handeln und sich anders verhalten würde, (auf den) soll eines Ehrbaren Rates höchste Strafe fallen.
Zum Elften
Gebietet ein Ehrbarer Rat, daß ein jeder soll haben rechte Gewichte, rechte Ellen und Rechte Maße, bei Leib und Gut.
Zum Zwölften
Soll ein jeder, der einige Waren heranbringen – es mag an Ware sein was es will -, drei Tage damit hier auf dem Markt stehen und dieselbe zu verkaufen berechtigt sein, jedoch mit der Einschränkung (dem Bescheid), daß derselbige in den drei Tagen solche Waren nicht (niemandem) in einen Gesamt-Verkauf verkaufe, bei Brüche (Bußgeld) (von) drei Mark Silbers.
Zum Dreizehnten
Soll des Sonntags oder an einem anderen Feiertage kein Krämer, Handwerker noch niemand (sonst jemand) seine Ware vor dem Fenster auslegen, ehe und bevor die Predigt beendet ist (sei), bei Strafe (von) 60 Schilling Lüb.. Ebenfalls (gleichergestalt) soll auch kein Krüger (Gastwirt) hierinnen Bier oder Brantwein ausschenken feiertags während (unter) der Predigt, bei Brüche (von) 60 Schilling, ausgenommen an fremde Leute aus anderen Kirchspielen, Städten und Ländern, die hier zu tun haben oder hier durchreisen; die sollen hiermit nicht gemeint sein.
Zum Vierzehnten
Soll kein Fischer oder sonst jemand Fische und Korn durch die Stadt fahren, so er (es) aus anderen Orten geholt hat, es sei denn, daß er damit auf dem freien Markt gestanden oder des Rats Bewilligung und Erlaubnis hat, alles bei Verlust der Fische und (des) Korns und bei Brüche (von) drei Mark Silbers.
Zum Fünfzehnten
So auch ein Auswärtiger (fremder Mann) dabei betroffen (beschlagen) würde, der nach alter Gewohnheit dieser Stadt (durch dieser Stadt altem Gebrauch) einiges Korn aus Dithmarschen auf der Au nach anderen Orten (hinweg) verschiffen (fahren) wollte, derselbe soll nicht allein das Korn verbrochen haben (als Strafe schuldig geworden sein), sondern auch 3 (Mark?) Silbers verlieren. Weiterhin (dazu) soll auch niemand zum Nachteil Anderer im Übermaß Roggen kaufen, in Wilster und zwischen Wilster und der Bökelnburg (=Burg/Dithm.), den die Dithmarscher hierher bringen, bei Strafe von 60 Schilling, sondern jeder soll (es) sich an einer Tonne (Tonne: Hohlmaß; eine Tonne enthält vier Himbten; ein Himbten etwa 35 Liter) oder einer halben Tonne oder an einem Himbten, je nach zeitlicher Gegebenheit, genügen lassen, auf daß die Armut nicht verkürzt werde, auch Einer sowohl der Andere davon bekommen möge.
Zum Sechzehnten
Derweil auch hier vormals im Jahr 59 von der gesamten Bürgerschaft beliebt, bewilligt und beschlossen worden (ist), daß man keinen Stallmist (Miststroh), Kaff oder Asche noch etwas anderes in die Au werfen soll, wodurch die Au verunreinigt werden könnte, (es) aber augenscheinlich (ist), daß solches Verbot von wenigen befolgt wird, und es wird nicht allein (durch) allerlei Unflath, besonders auch durch die Schuster mit ihrem Leder und dem Schavende (Abgeschabtes beim Reinigen der Tierhäute?) die ganze Au und die Strömung merklich zu Aller Schaden verdorben, zerstört (vernichtet) und verunreinigt wird, deshalb (also) gebietet ein Ehrbarer Rat nochmals ganz erstlich, daß fürderhin kein Schuster hier in der Stadt sein Leder mehr in der Au brühen oder dasselbige darin spülen soll, dazu soll an auch garnichts mehr in die Au schmeißen, alles bei Brüche (von) drei Mark Silbers. Und weil dann – da sei Gott davor – in Feuersnot und sonst Wasser benötigt wird (daran gelegen ist) und jedermann seine Kost aus dem (Au-)Wasser kochen und seine Bier daraus brauen muß, auch in Sommerzeit gar wenig Wasser mehr darinnen ist und wegen des vielen Unflaths zugeschmissen wird, so (in dem) wolle sich ein jeder Gehorsam Zeiten und der Stadt Bestes bedenken und beachten (in Acht haben), damit etlicher weniger Leute halber der Stadt oder (sonst) Jemandem kein Schaden oder Nachteil zugefügt (wird), ein Ehrbarer Rat auch nicht veranlaßt wird, gegen denjenigen mit Schärfe vorzugehen.
Zum Siebzehnten
Gebietet ein Ehrbarer Rat, daß alle Handwerke ihre Gerechtigkeit haben sollen, wie es ihnen von Rechtswegen gehört.
Zum Achtzehnten
Sollen die Bäcker und alle diejenigen, die für Geld backen, sich nach der Zeit richten und nach der Ordnung, durch die ihnen ein Ehrbarer Rat vorschreibt, wie sie sich zu verhalten haben, und wer dagegen handelt (tut), dem soll nicht allein das Brot abgenommen werden, sondern derselbige soll noch dazu, wie unser altes Recht ausweist, drei Mark Silbers verbrochen haben.
Zum Neunzehnten
Sollen die Brauer und Krüger auch gutes Bier brauen; dazu soll auch niemand außerhalb des Marktzes Hamburger Bier verzapfen, bei Strafe (von) 3 Pfund und Verlust des Bieres, was ihn gleichzeitig abgenommen werden soll.
Zum Zwanzigsten
Um geliehenes Geld, um nachgewiesenes Geld, um Weide-Heuer (Pacht) und andere Heuer und um verdienten Lohn will es ein Ehrbarer Rat hinfort genauso halten wie es allzeit recht gewesen (ist), und wer in solchen Sachen mit einem anderen zu tun hat, soll man die Schuldner (aus-)pfänden, sondern jennich Recht gahn(!).
Zum Einundzwanzigsten
Ein jeder Nachbar soll Planken mit seinem Nachbarn zwischen ihren Häusern.
Zum Zweiundzwanzigsten
Welche da Schweine auf der Straße laufen haben oder auf dem Feld, die nicht beringt sind, von denen sollen die Geschworenen oder diejenigen, die darauf Acht geben oder Aufsicht führen sollen, zweifaches Pfand nehmen, es sei des Jahres, wann es will; dazu gebietet ein Ehrbarer Rat, daß niemand seine Schweine auf dem Kirchhof umher laufen lassen soll, bei Brüche (Ordnungsgeld), so oft es gepfändet wird.
Zum Dreiundzwanzigsten
Welcher da schüttet (einfängt und als Pfand für Futter und Schäden einbehält) des Anderen Vieh in seinem Korn(feld), derselbige soll es schütten auf zwei Schilling, und vom Gras(land) soll er es schütten auf vier Weißpfennig, und wofern der Schaden zu groß wäre, mag er denjenigen, dem das Vieh gehört, mit Recht besprechen (vor Gericht verklagen?).
Anno 1589 am 21 Febr. ist diese Buersprak der gesamten Allgemeinheit in allen Punkten und Klauseln, wie hier zu ersehen und niedergeschreiben, vorgelesen worden, auch haben zwei Bürger, nämlich Reimer Franck und Johann Bulcke, Befehl erhalten und den Auftrag, die gesamte Gemeinde in Kenntnis zu setzen und darauf hinzuweisen, falls sie etwas hiergegen oder dazu zu sagen hätten, daß sie sich dazu erklären und ihre Beschwerden einem Ehrbaren Rat durch vier Bürger offenbaren lassen sollten.
Vorstehender Text ist eine Übersetzung des im Corpus Constitutionum Regio Holsaticarum Band III Seiten 389 bis 401 enthaltenen Textes des Statutums der Stadt Wilster.
Hilfsmittel für die Übersetzung waren:
Geschichte der Schleswig-Holsteinischen Elbmarschen. Verfasser: Prof. Dr. Dethlefsen.
Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch. Verfasser: Otto Mensing.
Niederdeutsches Wörterbuch. Verfasser: Schiller und Lübben.
Wertvolle Hinweise für die Übersetzung habe ich zudem von Dr. Jürgen Ruge erhalten.
Nortorf, den 08. Mai 2014
Berend Kloppenburg
Anschreiben Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (Professor Dr. Markus Jager)
Auszug aus dem Buch
Albrecht Haupt (1852-1932)
Architekt, Bauhistoriker, Denkmalpfleger und Friedhofsreformer
Herausgegeben durch Markus Jager – erschienen im Michael Imhof Verlag (ISBN 978-3-7319-1298-9)
Buchbeschreibung:
Dieses Buch stellt das Werk des Architekten Albrecht Haupt vor und würdigt es in seiner ungewöhnlichen Bandbreite. Neben seiner Eigenschaft als Bauhistoriker, Hochschullehrer und Sammler historischer Grafik war Haupt zeit seines Lebens vor allem als praktizierender Architekt tätig. Dabei schuf er zahlreiche Bauten, insbesondere städtische Geschäftshäuser sowie Villen, Landhäuser und Schlösser. Darüber hinaus hat Haupt eine Vielzahl historischer Bauten denkmalpflegerisch betreut, darunter das Leibnizhaus in Hannover, die Stadtkirche in Bückeburg oder das Schloss Basedow in Mecklenburg. Ein weiteres langjähriges Tätigkeitsfeld von Haupt war die Friedhofskultur. Er setzte sich für das Feuerbestattungswesen ein und projektierte Krematorien und Nekropolen für die Millionenstädte der Moderne. Die erhaltenen Bauten von Albrecht Haupt wurden für dieses Buch von Olaf Mahlstedt fotografiert.
Ab Seite 93:
Eines der letzten konservatorischen Projekte, das Albrecht Haupt auch nach der Umsetzung betreute, war das Rathaus im holsteinischen Wilster, das 1585 errichtet worden ist.
Im Unterschied zur Amtspforte in Stadthagen besitzt es einen massiven Unterbau aus Backstein, der von einem Fachwerkaufsatz bekrönt wird. Das Restaurierungsprojekt für das Rathaus in Wilster zählt zu den wenigen, von dem nicht nur Entwürfe, sondern auch maßstäbliche Bestands- und Bauphasenpläne aus dem Büro Haupt überliefert sind (114 Stadtarchiv Hannover, NL Haupt, Fach 503). Vor dem Umbau durch Haupt besaß das Rathaus ein Doppelportal (Abb. 89-90). Die linke Tür öffnete sich zur Treppe in die oberen Geschosse, während die rechte Tür der Erschließung des Erdgeschosses diente. Nach Auffassung von Haupt basierte diese Erschließungssituation auf nachträglichen Umbauten des 18. Jahrhunderts. Haupt ging davon aus, dass sich im Erdgeschoss ursprünglich ein größerer und höherer Saal befunden hat, in dem die Treppe in die oberen Etagen offen eingestellt gewesen ist. Diesen Saal beabsichtigte er wiederherzustellen (Abb. 91-92). So sollte das Doppelportal entfernt und stattdessen ein Hauptportal errichtet werden. Zudem sollte der Saal im Erdgeschoss eine hohe Dreifenstergruppe erhalten. Diese Maßnahmen wurden auch tatsächlich umgesetzt (Abb. 93).
Man kann Albrecht Haupt nicht den Vorwurf machen, dass seine Restaurierungen ästhetisch misslungen gewesen wären. Im Gegenteil, sein künstlerisches Einfühlungsvermögen war durchaus groß. Unter der Maßgabe eines stil- und epochengetreuen Entwerfens legte Haupt eine ungewöhnliche Könnerschaft an den Tag. Aber nach heutigen Maßstäben blieb Haupt in seiner konservatorischen Praxis ein Kind des 19. Jahrhunderts, auch wenn er sich in seinem Aufsatz von 1899 eigentlich von dem Prinzip der Stileinheit distanziert und zum gewachsenen Denkmal bekannt hatte. In der Abwägung war ihm das ästhetisch unversehrte Baukunstwerk letztendlich wichtiger als ein von Brüchen und Widersprüchen geprägtes Geschichtsdenkmal. Das „Auseinanderrestaurieren“ verschiedener Zeitgeschichten in einem Bauwerk hätte Haupt nicht verstanden. Den Verfassern der Charta von Venedig, die bekanntlich das Axiom „Stileinheitlichkeit ist kein Restaurierungsziel“ geprägt haben, hätte Haupt wohl entgegnet; „Jedes historische Bauwerk hat üblicherweise mehrere Bauphasen erfahren. Aber Bauphasen sind kein Restaurierungsziel“.
Der Streifen zeigt einen der letzten Hexenprozesse Schleswig-Holsteins in Wilster. „Am 13. Mai 1676 wurde die 14-jährige Stinke Ritzers zum Verhör in das Rathaus gebracht“, erzählte Holger Stamm. Schließlich kam heraus, dass die Frau des Totengräbers, Trinke Evers, die junge Stinke die Heilerkunst gelehrt haben soll. Unter der Folter soll Trinke Evers wiederum erklärt haben, dass die 79-jährige Trinke Kuhlmanns ihr 14 Jahre vorher alles beigebracht habe, führte Stamm weiter aus. Der Vorsitzende des Fördervereins Historische Rathäuser spielte in dem Film den Richter, der veranlasste, das Trinke Evers 1678 auf dem Marktplatz vor dem Rathaus verbrannt wurde. Stinke Ritzers und Trinke Kuhlmann wurden des Landes verwiesen.
Starten Sie hier den Film "Das letzte Feuer" (YouTube).
Heimatstube Neuteich (Link Schleswig-Holsteinischer Heimatbund mit 3D-Animation)
Interessante historische Geschichte der Partnerschaft wird in zwei Räumen des Alten Rathauses präsentiert
WILSTER Während der Sanierung des Alten Rathauses mussten alle Zeugnisse der Patenschaft mit dem einstigen Neuteich (heute Nowy Staw) eingelagert werden - jetzt erstrahlen sie in den Neuteicher Stuben im zweiten Obergeschoss des Alten Rathauses im neuen Glanz. Anschaulich eingerichtet von Archivar Christian Boldt in Zusammenarbeit mit dem früheren Stadtarchivar Harald Bürger. "Was beide hier erarbeitet haben, ist hervorragend", lobt Bürgermeister Walter Schulz. Mit großer Liebe zum Detail haben beide in den zwei Räumen ein Kleinod mit historisch interessantem Material geschaffen. Übersichtlich findet der Betrachter in Vitrinen und an den Wänden Urkunden und Fotos ebenso wie Becher, das Modell des Neuteicher Kleinbahnhofs von 1935 oder gar Kleiderbügel von anno dazumal. Besondere Hingucker: von Christian Boldt gestaltete geschichtliche Banner, die diversen thematischen Schwerpunkten gewidmet sind. Unter anderem der Freundschaft zwischen dem Heimatbund der Neuteicher und Wilster. Seit über 60 Jahren pflegt die Stadt Wilster die Partnerschaft zum Heimatbund der Neuteicher. Auch nach Auflösung des Heimatbundes vor sechs Jahren setzten die Neuteicher ihre Treffen in der Marschenstadt fort. Helmut Jacobs als Vorsitzender des Fördervereins der Städtpartnerschaft mit Nowy Staw, wie das heute polnische Neuteich heißt, erklärte sich bereit, sich um die Kontakte mit den Neuteichern zu kümmern. Auch in diesem Jahr ist wieder ein Treffen geplant, das am Wochenende 13./14. September stattfindet. Der Mangel an Nachwuchs lässt die Zahl allerdings schrumpfen, im vergangenen Jahr waren es neun Teilnehmer, die Jacobs in Wilster begrüssen konnte.
Bürgermeister Walter Schulz freut es besonders, dass ihnen jetzt die neuen Neuteicher Stuben präsentiert werden können. Die Wiederherstellung, Neustrukturierung und die Banner konnten aus dem Topf finanziert werden, der die hinterlegten Gelder des Heimatbundes enthält. Bei dessen Auflösung war das Barvermögen des Heimatbundes über rund 17.000 Euro an die Stadt Wilster zweckgebunden für den Unterhalt der Neuteicher Stuben geflossen.
Quelle: Ilke Rosenburg Wilstersche Zeitung 09.09.2014